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Gesellschaften: Stand der Dinge bezüglich Online-Gründungen

Gesellschaften: Stand der Dinge bezüglich Online-Gründungen

Ein rezentes Gesetz öffnet die Tür zur Online-Gründung von Gesellschaften. In fünf Tagen haben Sie eine Gesellschaft, verspricht der Minister bei den Gesetzesvorbereitungen. Es ist einfach: Sie müssen immer noch zum Notar, doch die notarielle Gründungsurkunde für Rechtspersonen kann fortan auch entmaterialisiert sein. Dies beschleunigt das Verfahren wesentlich.

Europäische Richtlinie

Das Gesetz kam nach einer europäischen Richtlinie mit vier Aufträgen für den einzelstaatlichen Gesetzgeber:

bestimmte Gesellschaftsformen müssen komplett online gegründet werden können;

bestimmte Gesellschaftsinformationen müssen online eingereicht und eingesehen werden können;

Nebenstellen müssen sich komplett online registrieren können;

es muss ein Austausch von Informationen über laufende Verwaltungsverbote stattfinden.

Das Gesetz betrifft nur die drei ersten Aspekte. Der Informationsaustausch wird später behandelt.

Das Körperschafts- und Vereinigungsrecht

Das aktuelle Körperschafts- und Vereinigungsrecht hat bereits in beträchtlichem Maße der obenerwähnten Richtlinie Rechnung getragen, so dass jetzt nur das rein Digitale geregelt werden musste.
Das Gesetz beinhaltet deshalb Bestimmungen über:

die elektronische Form einer Gründungsurkunde;

die Erstellung einer Urkunde aus der Ferne (ohne physisches Erscheinen vor einem Notar).

Die elektronische Hinterlegung der Gründungsurkunden und Änderungsurkunden ist schon geregelt (eDepot-System der Notarkanzlei). Und auch die Online-Registrierung von Nebenstellen ist schon im Körperschafts- und Vereinsrecht vorgesehen, muss jedoch noch weiter durch königliche Erlasse in die Praxis umgesetzt werden.

Vertretungsbefugnis

Das neue Gesetz sorgt dafür, dass fortan das Rechtspersonenregister der Zentralen Datenbank der Unternehmen nicht nur die Identität der Geschäftsführer, sondern ebenfalls die Vertretungsbefugnis, die Teil der Statuten sind, aufweist.
Diese Informationen waren schon verfügbar, doch nur in den Anlagen des Belgischen Staatsblattes. Fortan sind sie also auch in strukturierter Form im Rechtspersonenverzeichnis verfügbar.

Sinn und Zweck ist die Schaffung einer „Mandatendatenbank“. Diese Informationen müssen in den Statuten aufgeführt sein. Konkret findet man neben der wörtlichen Statutenbestimmung auch eine Art Qualifizierung, die dann als eine Art Metadaten mit der betreffenden Statutenbestimmung verbunden werden kann (z.B. Alleinvertretung, Doppelunterzeichnungsklausel, ...). Diese Pflicht gilt für sämtliche Rechtsformen, deren Statuten im öffentlich einlesbaren Datenbanksystem der Statuten hinterlegt werden. Für Gesellschaften, die bereits vor dem Inkrafttreten bestanden, gilt diese neue Verpflichtung erst bei der nächsten Hinterlegung einer neuen koordinierten Fassung der Statuten.

5 oder 10 Tage

Wenn das Gesetz einmal gilt, kann eine Rechtsperson binnen zehn Tagen gegründet werden können. Wenn die Rechtsperson ausschließlich von natürlichen Personen gegründet wird, kann dies sogar innerhalb von fünf Arbeitstagen ab der Ausstellung der Gründungsurkunde und der Bezahlung der Bekanntmachungskosten geschehen. Diese Zeitlimit gilt nur bei Online-Gründungen.

Die Online-Gründung

Um das eine und anderezu ermöglichen, musste auch das Gesetz des Notariats geändert werden. Ein physisches Erscheinen vor dem Notar durch eine Videokonferenz ersetzen ist eine Sache, die handschriftliche Unterschrift unter einer Urkunde durch eine digitale Unterschrift ersetzen etwas ganz anderes.

Das neue Gesetz betrifft nicht speziell die Online-Gründung von Gesellschaften. Die Regierung schuf eigentlich einen Gesetzesrahmen für die Entmaterialisierung aller notariell beurkundeter Gründungsurkunden von Rechtspersonen, nicht nur von GmbH und AG. Auch andere notariell beurkundete Rechtsformen können fortan entmaterialisiert bestehen (wir denken in dem Fall an die Gründung der Genossenschaft, der IVoE, privater Stiftungen, ...), auch die Rechtsformen, die nicht obligatorische notariell beurkundet werden müssen, doch freiwillig diese Form wählen (die OHG, die KG, die V.o.E.).

Darüber hinaus können diese entmaterialisierten notariell beurkundeten Gründungsurkunden auch aus der Ferne erstellt werden, per Videokonferenz mit dem Notar. Im Prinzip gilt dies für alle notariell beurkundete Gründungsurkunden (außer der Stiftungsgründung per Testament). Die Einbringung in Naturalien ist jedoch bei der Gründung auf Abstand ausgeschlossen.
Der Notar hat dennoch die Möglichkeit, die physische Präsenz zu fordern, zum Beispiel um Identitätsmissbrauch zu verhindern im Rahmen der Handlungsfähigkeit der Antragsteller.

Der Notar akzeptiert auch die elektronische Unterschrift, sogar wenn die aus einem anderen EU-Mitgliedsland stammt. Zu dem Punkt müssen aber erst noch einige praktische Hindernisse abgebaut werden.

Das Gesetz regelt auch das Problem der Unterschriften in verschiedenen Zeitzonen (die Urkunde wird mit dem Datum und der Uhrzeit der Unterzeichnung durch den Notar versehen) und den Umstand, dass der Notarmitarbeiter bei entmaterialisierter Vollmacht seine Privatanschrift mitteilen muss (er/sie darf zu seinem Wohnsitz die Kanzlei des Notars bestimmen).

Das Gesetz trat größtenteils am 1. August 2021 in Kraft, doch muss vielleicht noch auf die tatsächliche Durchführung und Konkretisierung bei den Notaren gewartet werden. Die Coronakrise hat uns gelehrt, dass dies ganz schnell gehen kann.

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