Wohnen auf Kosten der Gesellschaft... manchmal ja, manchmal nicht
Die Rechtsprechung ist nicht klar: Wenn eine Gesellschaft eine Wohnung besitzt
und diese Wohnung lediglich oder vor allem dem Geschäftsführer als Behausung
dient, sind die Kosten der Wohnung in dem Fall abzugsfähig? Das Gericht von Gent
war unlängst nicht dieser Meinung, das Berufungsgericht von Gent fast zeitgleich
anderer Meinung.
Das Genter Gericht zu nicht einer, sondern zwei Wohnungen
Ein Mann und eine Frau haben eine Gesellschaft, die sie selbst als
Immobiliengesellschaft bezeichnen. Die Gesellschaft kam nach einigen Fusionen
zustande und hatte im Portefeuille ein Geschäft, eine Wohnung in Knokke-Heist
und eine Wohnung in Grembergen. Im Oktober 2014 verlegt das Paar seinen Wohnsitz
von der Wohnung in Grembergen in die Wohnung in Knokke-Heist, mitsamt dem
Gesellschaftssitz der Gesellschaft. Im März 2015 wird die Wohnung in Grembergen
durch einen Brand zunichte gemacht. Die Entschädigung erbringt einen Mehrwert.
Die Gesellschaft möchte diesen zeitweilig befreien. Die Entschädigung kann
erneut angelegt werden.
2017 wird die Gesellschaft gründlich über die Veranlagungsjahre 2015 und 2016
überprüft. Dabei stellt der Fiskus fest, dass die unbeweglichen Güter, die dem
Geschäftsführer bereitgestellt worden waren, nicht im Rahmen der
Betriebstätigkeiten benutzt wurden. Die Kosten bezüglich der Wohnungen sind also
nicht abzugsfähig. Der Mehrwert auf die Wohnung in Grembergen kann darüber
hinaus nicht steuerlich befreit werden, weil die erste Bedingung für die
Steuerbefreiung nämlich, dass das Vermögen für die beruflichen Tätigkeiten der
Gesellschaft benutzt wird nicht erfüllt wird. Der Mehrwert ist somit voll
steuerbar.
Der Genter Richter zieht sofort die Einstufung als Immobiliengesellschaft in
Zweifel.
Es kann nicht verleugnet werden, dass es unbewegliche Güter in der
Gesellschaft gibt, aber das Gericht möchte die Gesellschaft dennoch als
Vermögensgesellschaft betrachten (also als eine Gesellschaft für die Verwaltung
des eigenen Vermögens) statt als Immobiliengesellschaft (nämlich eine
Gesellschaft, die mit unbeweglichen Gütern handelt).
Das Gericht kommt zum Schluss, dass die Eintragung der Gesellschaft als
Immobiliengesellschaft noch nicht bedeutet, dass die Kosten der beiden
unbeweglichen Güter automatisch als steuerlich abzugsfähige Berufskosten
betrachtet werden müssen.
Das Paar bestätigt, die Wohnungen selbst zu benutzen, doch mit der Absicht,
diese mittelfristig zu veräußern. Dann würden sie einen Mehrwert erbringen.
Eine solche theoretische Überlegung überzeugt das Gericht nicht. Der Umstand,
dass Gebäude einen Mehrwert irgendwann erbringen, wird nicht ausreichend
bewiesen. Auch wenn sie einen Mehrwert erbringen sollten, wird derzeit die
Bedingung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht erfüllt, da der Mehrwert zur
Zeit nicht feststeht.
Was ist mit der Entlohnungstherorie?
Laut dieser Theorie kann eine
Gesellschaft die Kosten, um einen Vorteil aller Art ihrem Geschäftsführer
zuzuteilen aufgrund der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit innerhalb der
Gesellschaft, als steuerlich abzugsfähige Berufskosten in Abzug bringen.
Das
ist hier auch effektiv der Fall: Der Geschäftsführer hat einen steuerbaren
Vorteil wegen der kostenlosen Wohnung.
Was schien der Fall zu sein? Der Geschäftsführer zahlte einen Beitrag zur
Wohnung. Dieser Eigenbeitrag wurde im Soll seines laufenden Kontos verbucht. Der
Beitrag stimmte haargenau mit dem Betrag des Vorteils überein, so dass der
Geschäftsführer praktisch keine Steuern zahlen musste.
Dem Gericht zufolge leitet der Fiskus daraus zu Recht ab, dass die Vorteile
nicht als Gehalt betrachtet werden können, weil das Äquivalent des Vorteils
vollständig verbucht wurde und der Geschäftsführer dieses Vorteiles als
erstatten musste.
Die Gehaltstheorie findet folglich keine Anwendung.
Das Berufungsgericht zu einer Villa mit Schwimmbecken
Die Sache vor dem Genter Berufungsgericht betraf eine Villa mit Schwimmbecken
und Poolhouse im Besitz einer Verwaltungsgesellschaft. Die Gesellschaft benutzte
das Gebäude selbst zu 20 %. Der Rest der Zeit wurde das Gebäude dem
Unternehmensleiter zur Verfügung gestellt, die auf diesen Vorteil Steuern
bezahlte.
Die Gesellschaft beruft sich auf die obenerwähnte Gehaltstheorie, um die Kosten
der Wohnung vollständig steuerlich in Abzug zu bringen.
Der Fiskus lehnt den Abzug ab und argumentiert, dass die Bereitstellung nicht
dazu dient, den Betriebsleiter für seine Leistungen in der Gesellschaft zu
entschädigen. Dieser empfing auch eine Entschädigung in Geld, und im Vertrag
steht nirgendwo etwas von der Wohnung als Entschädigung für seine Leistungen.
Der Unternehmensleiter verweist auf das Protokoll der Generalversammlung, in dem
ausdrücklich angegeben wird, dass der Geschäftsführer als Entschädigung für die
Ausübung seines Mandates sowohl einen regelmäßigen Lohn in Geld als auch
Vorteile in natura bezüglich der privaten Nutzung der Wohnung erhält.
Der Fiskus weist auch auf die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Betrag des
steuerbaren Vorteils und den Kosten hin. Doch dieses Argument wird selten oder
nie angenommen. Wenn der steuerbare Vorteil viel geringer als der tatsächliche
Wert des Vorteils ist, hat mit der pauschalen Bewertung seitens der
Steuerverwaltung zu tun.
Schließlich verwirft das Gericht auch das Argument, dass der effektive Wert des
Vorteils besonders hoch sei ein Gelegenheitsurteil. Das Gericht stellt fest,
dass es nur einen Geschäftsführer und Teilhaber gibt. Kein Personal. Die
Gesellschaft hat dank des Geschäftsführers ein beträchtliches Einkommen. Und
eine Gesellschaft darf ihrem Betriebsleiter ein ansehnliches Gehalt
auszahlen.
Der Unterschied
Im Beschluss des Genter Berufungsgerichtes wird angegeben, dass eine Wohnung in
einer Gesellschaft mit allen Steuervorteilen annehmbar ist. Das Urteil des
Genter Gerichtes gibt hingegen an, dass es immer zwei Seiten gibt.
Der Hauptunterschied zwischen beiden Gerichtssachen scheint in der Frage zu
bestehen, inwiefern kostenloses Wohnen ein alternatives Gehalt darstellt. Es
muss einen Grund für die Entschädigung geben. Im Beschluss des
Berufungsgerichtes ist dies so, im Urteil des Gerichts schon weitaus weniger der
Fall. Wer alles ausschöpfen möchte, wird mit Widerstand seitens des Fiskus
rechnen müssen. Und der kann lange dauern...