< Zurück zur Übersicht

Besondere Geschäftsführerverantwortung im Konkursfall

Besondere Geschäftsführerverantwortung im Konkursfall

Die besondere Geschäftsführerverantwortung gilt nicht für die Geschäftsführer von Kleinunternehmen im Konkurs. Aber wer muss nachweisen, dass das Unternehmen klein ist? Gläubiger/Konkursverwalter? Geschäftsführer? Ende 2021 schnitt der Kassationshof den gordischen Knoten durch.

Geschäftsführerverantwortung

Bei einem Defizitkonkurs haben die Gläubiger selbstverständlich jedes Interesse, neben der Gesellschaft im Konkurs möglichst viele andere Schuldner in ihre Schuldforderungen einzubeziehen. Nicht selten wird dann geprüft, ob das Privatvermögen der Geschäftsführer beansprucht werden kann. Praktische gibt es diesbezüglich zwei Möglichkeiten. Die einfache Geschäftsführerhaftung ist schon mal eine erste Option: Wenn die Gläubiger (oder der für die Gläubiger handelnde Konkursverwalter) eine Zuwiderhandlung gegen das Körperschafts- und Vereinigungsrecht oder gegen die Statuten der Gesellschaft nachweisen können, können sie davon ausgehend den betreffenden Geschäftsführer zur Rechenschaft ziehen.

Diese Forderung bringt jedoch einige Nachteile mit sich:

Wenn die Gesellschaft die Geschäftsführer entlassen oder entlastet hat, ist dieser Weg verschlossen.

Die Verantwortung ist persönlich, was bedeutet, dass die Gläubiger für jeden einzelnen Geschäftsführer nachweisen müssen, dass eine Zuwiderhandlung gegen das Körperschafts- und Vereinigungsrecht und/oder die Statuten vorliegt.

Schließlich müssen auch der Schaden und der Kausalitätsbezug zwischen Fehler und Schaden nachgewiesen werden.

Besondere Geschäftsführerverantwortlichkeit

Eine zweite Möglichkeit findet sich nicht im Körperschafts- und Vereinigungsrecht, aber im Wirtschaftsrecht. Der Artikel XX.225 des Wirtschaftsrechts besagt, dass bei einem defizitären Konkurs die aktuellen oder früheren Geschäftsführer, Betriebsleiter, Tagesgeschäftsverantwortlichen, Mitglieder eines Vorstandes oder eines Aufsichtsrates sowie alle anderen Personen, die im Rahmen der Geschäfte und Tätigkeiten des Unternehmens die tatsächliche Geschäftsführungsbefugnis besessen haben, persönlich und eventuell hauptsächlich für verantwortlich erklärt werden für alle Schulden oder einen Teil derselben bis in Höhe des Defizits, wenn festgestellt werden sollte, dass ein von ihnen begangener offensichtlicher grober Fehler zum Konkurs des Unternehmens beigesteuert hat.

Aus dem Gesetzestext können wir diverse Informationen ableiten.
Erstens: Die Forderung nach der Haftbarkeit kann viele betreffen. Nicht allein die Personen, die formal als Geschäftsführer im Unternehmen auftraten, sondern auch die tatsächlichen Geschäftsführer. Das bringt immer wieder Diskussionen hervor.

Zweitens: Die Forderung nach der Haftbarkeit ist nur möglich, wenn:
a) ein defizitärer Konkurs vorliegt und
b) die betroffenen Personen einen offensichtlich groben Fehler begingen, der zum Konkurs des Unternehmens beigetragen hat.

Dass ein Konkurs defizitär ist, steht häufig nicht zur Debatte. Aber ob die Rede von einem offensichtlich groben Fehler die Rede ist, wird schon häufig debattiert.

Rechtsprechung und Rechtslehre reden von offensichtlich grobem Fehler, wenn eine Handlung durchgeführt wurde, die ein normaler sorgfältiger und umsichtiger Geschäftsführer niemals ausführen würde. Der Richter darf sich dabei nicht über den opportunen Charakter der Geschäftsführungsentscheidungen äußern. Es geht lediglich darum, festzustellen, ob der Geschäftsführer einen Fehler begangen hat, der die allgemeinen Erwartungen an das Leben des Unternehmens oder sogar das Zusammenleben enttäuscht und von dem die betreffenden Personen wissen konnte oder musste, dass durch diesen Fehler ein Schaden hervorgerufen wird.

Die Ausnahme

Sobald alle vorhergehenden Punkte feststehen, besteht die Möglichkeit des Schadenersatzes. Dazu gibt es hingegen eine Ausnahmeregelung. Die besondere Verantwortlichkeit gilt nämlich nicht, wenn das Unternehmen im Konkurs drei Buchjahre vor dem Konkurs oder – wenn das Unternehmen seit weniger als drei Jahren besteht – in allen Geschäfts- oder Buchjahren vor dem Konkurs einen durchschnittlichen Umsatz von unter 620.000 Euro vor der Mehrwertsteuer erwirtschaftet hat und wenn die Bilanzsumme zum Ende des letzten Geschäfts- oder Buchjahres nicht höher als 370.000 Euro war.

Die Frage, die am 2. Dezember 2021 vom Kassationshof beantwortet wurde, lautet, wer nachweisen muss, ob die Ausnahme Anwendung findet: Geschäftsführer oder Konkursverwalter. Der Kassationshof verliert nicht zu viele Worte: Aus dem Kontext dieser Gesetzesbestimmungen lässt sich laut dem Kassationshof ableiten, dass der Geschäftsführer beweisen muss, dass die […] Schwellenwerte nicht überschritten wurden, so dass [die besondere Geschäftsführerverantwortung] nicht auf ihn fällt.

Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Beweislast bei den Geschäftsführern und Betriebsleitern liegt. Sie müssen beweisen, dass das Unternehmen, in dem sie Geschäftsführer, Betriebsleiter... waren, unter den genannten Grenzen geblieben ist. Beweisen sie dies nicht, kann der Konkursverwalter (oder die Gläubiger) mit der Forderung nach der Haftung der Geschäftsführer aufgrund eines offensichtlich groben Fehlers weitergehen.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies.
Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung